Aus dem sozialischen Repräsentativ-Bau-Kuddelmuddel von Chemnitz rollt der Bulli in ein gediegenes Villenviertel. Hier ist nix los. Entschleunigung. Die paar Besucher der Villa Esch genießen Ihr Rentnerdasein und schlendern durch den Jugendstil der Highsociety 1907. Die sehr hellen Räumlichkeiten sind wunderbar wieder restauriert; sie haben etwas fröhliches, offenes und unbeschwertes an sich.
Mit einer Dame, die in der DDR sozialisiert wurde, kommen wir ins Gespräch. Von unverfänglichen Themen über die wunderbare Ausstattung der Villa, über das Schulsystem in Bayern und Sachsen, kommen wir zum damaligen Schulsystem der DDR, welches unsere Gesprächspartnerin in den höchsten Tönen lobt und bedauert, dass es verschwunden ist. Es geht auch um den Wiederaufbau nach dem Krieg: der Trümmerhaufen, den die Frauenkirche gebildet hatte, hätte als Mahnmal so bleiben sollen. Kein Wiederaufbau. Unbehaglich fühlen wir uns, als es aus der ehemaligen DDR-Bürgerin heraussprudelt: "Die Westdeutschen haben es uns in der DDR nie verziehen, dass wir die Semperoper restauriert haben!"
Wir tanken und fahren auf der wunderbar gelegenen A72 Richtung Westen.
Die imposante Göltzschtalbrücke verbindet das bayerische mit dem sächsischen Bahnsystem. Von Hof nach Leipzig. 1851 fertiggestellt und mehr als einen halben Kilometer lang. Der Spruch "Selbst unbeweglich, möge sie nützliche Bewegung beschleunigen" setzte zu DDR Lebzeiten aus.
Wir kommen wieder ins Gespräch, weil der Bulli neugierige Blicke auf sich zieht. Ein junger Mann erzählt von der Energie seiner Eltern, die sie investieren mussten um einen Wartburg in der DDR fahren zu können. Da musste man häufiger mit dem "Wismut-Fusel" "zahlen" damit es mit der Reparatur des Wagens voran ging.
Wir fahren zum 4-Sterne Campingplatz an den See Pöhl. Hier fehlt es an nichts. Die Sanitäranlagen sind neu. Aus der Zeit gefallen und nahezu "favelahaft" in ihrer Bauart und der Enge der Bebauung erscheinen uns die Wochenendzuflüchtsstätten der früheren DDR-Bürger. Die Häuschen sind teilweise liebevoll renoviert und stehen reihenversetzt, so dass jeder den Seeblick geniessen kann.
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